Wirtschaftskolumne von Julian Schneider

St. Wendel, go for it! Unternehmen nicht auf- sondern erfolgreich übergeben

Symbolbild

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat im Jahr 2023 ihren DIHK-Report Unternehmensnachfolge und darin die ansteigende Lücke zwischen Senior-Unternehmer und Übernahmeinteressierten publiziert. Im Jahr 2019 standen nach Angaben der DIHK einem Übernahmeinteressierten 1,7 beratene Unternehmen gegenüber. Im Jahr 2022 waren es schon 3,4 Unternehmen je Übernahmeinteressierten. Für anstehende Unternehmensübergaben gibt es also immer weniger interessierte Nachfolger. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn hat vor zwei Jahren kommuniziert, dass im Saarland im Zeitraum von 2022 bis 2026 bei etwa 2.100 Unternehmen die Übergabe ansteht. Gelungene Unternehmensnachfolgen sind also ein wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche Wertschöpfung in unserer Region. Was ist zu beachten?

Der frühe Vogel fängt den Nachfolger oder besser: Vorbereitung, Vorbereitung, Vorbereitung

Im ersten Schritt startet ein professioneller Nachfolgeprozess damit, dass er frühzeitig geplant wird. Braun und Stein sprechen in ihrer Publikation „Die Zukunft beginnt jetzt! Unternehmensnachfolge rechtzeitig planen“ davon, dass der eigentliche Nachfolgeprozess bis zu drei Jahre andauern kann. Sie legen außerdem dar, dass Seniorunternehmer sich schon ab dem 50. Lebensjahr mit der eigenen Unternehmensnachfolge beschäftigen sollten. Eine allgemeine Faustregel besagt, dass man grundsätzlich sieben Jahre vor dem Übergabezeitpunkt mit der Planung beginnen soll.

Der zweite Punkt ist die Definition der Ziele der Unternehmensübergabe. Aus Sicht der Seniorunternehmer können dies folgende Ziele sein: Zukunftssicherung des Unternehmens, frühzeitige Initiierung der Führungsnachfolge, Realisierung der eigenen Exit-Strategie, finanzielle Entlastung des Nachfolgers bzw. von sich selbst mittels eines frühzeitigen Übergabeprozesses. Mit Blick auf den Übernahmeinteressierten ist zu definieren, ob eine interne oder externe Unternehmensnachfolge geplant ist. Von einer internen Unternehmensnachfolge wird gesprochen, wenn familienintern ein Nachfolger zur Verfügung steht (z. B. Tochter, Sohn). Unter einer externen Unternehmensnachfolge ist zu verstehen, dass bisher unbeteiligte, externe Dritte das Unternehmen übernehmen möchten. Eine Mischform beider Wege entsteht, wenn betriebsinterne Mitarbeitende an einer Unternehmensübernahme interessiert sind. Je nach gewähltem Weg der Nachfolge sind unterschiedliche erb- und steuerrechtliche Fragen zu klären. Die Altersvorsorge bzw. finanzielle Sicherheit im Sinne der eigenen Lebenshaltungskosten ist zu planen, da Seniorunternehmer selten einen Anspruch auf gesetzliche Rentenzahlungen haben. Die Art der Unternehmensnachfolge ist vom Unternehmensübergeber festzulegen. Bei der Suche nach einem externen Unternehmensnachfolger können sogenannten Nachfolgebörsen helfen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz stellt mit Partnern die Nachfolgebörse https://www.nexxt-change.org bereit. Auf saarländischer Ebene gibt es zusätzlich die Unternehmensbörse SaarLorLux (https://www.unternehmensboerse-saarlorlux.de).

Unternehmensanalyse und die Frage: „How much is the fish?“

Kolumnist: Julian Schneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land mbH
Kolumnist: Julian Schneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land mbH

Nach Festlegung der grundsätzlichen Zielrichtung und Art der Unternehmensnachfolge beginnt die Analyse und Bewertung des Unternehmens zur Feststellung der Übergabefähigkeit. Hierzu zählt unter anderem die Beschreibung aktueller Umsätze, Produkte, Dienstleistungen oder Personalkapazitäten. Mit der Unternehmensanalyse einher geht die Durchführung einer objektive Unternehmensbewertung, die als Ausgleichselement zwischen den subjektiven Einschätzungen zwischen Unternehmensübergeber und -übernehmer dient. Zum Unternehmenswert zählen materielle Werte (z. B. Grundstücke, Maschinen, technische Anlagen) und immaterielle Werte (z. B. Patente, Marken). Im Saarland gibt es verschiedene Angebote, die den Prozess der Unternehmenswertermittlung unterstützen. Die IHK des Saarlandes bietet zum Beispiel einen Unternehmenswertrechner an. Die HWK des Saarlandes unterstützt mit Beratern die Unternehmenswertermittlung.

„Noch einmal beißen“ – die letzten Meter bis zur Staffelübergabe

Nach erfolgreicher Einigung zwischen Unternehmensübergeber und -übernehmer erfolgt die eigentliche Unternehmensübergabe. Hier ist es sinnvoll einen Nachfolgeplan zu definieren, der die (schrittweise) Aufgabenübertragung definiert. Auf dieser Ebene des Übergabeprozesses ist das Konfliktpotenzial einer weiteren Mitarbeit des Alt-Eigentümers im Blick zu behalten. Eine klare Aufgabenverteilung mit Tätigkeitsprofilen hilft diese Hürde zu überwinden. Dabei sollte gezielte und frühzeitige Wissensübertragung vom Alt-Eigentümer hinzu dem Nachfolger oder den Mitarbeitenden beachtet werden. Insbesondere gegenüber den Mitarbeitenden ist der gesamte Nachfolgeprozess frühzeitig zu kommunizieren, um nicht das Engagement und die Identifikation der Belegschaft zu beeinträchtigen. Auf dieser Prozessebene entstehen bürokratische Aufgaben, wie zum Beispiel die namentlichen Anpassungen bei einzelnen Behörden. Hierzu zählen rechtliche und vertragliche Aspekte, die zu definieren und abzuschließen sind (z. B. Kaufvertrag). Am Ende der Realisierungsphase steht die Festlegung eines abschließenden Übergabetermins, ab dem fortan der Nachfolger das Unternehmen weiterführt.

Am Ende: Für die Sache

Bei Ihnen selbst steht in den nächsten Jahren die Planung der eigenen Unternehmensnachfolge an? Oder möchten Sie ein Unternehmen gründen und sehen hierfür gegebenenfalls auch eine Unternehmensübernahme als interessanten Weg? Sie kennen jemanden, bei dem das Thema bald anstehen wird? Melden Sie sich gerne bei uns als Wirtschaftsförderung St. Wendeler Land, wir stehen Ihnen in diesem Prozess gerne zur Seite. Das Thema Unternehmensnachfolge muss weiter in den Fokus gerückt werden – als Säule einer nachhaltigen, wirtschaftlichen Regionalentwicklung.

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