„Nach einer gewissen Anlaufphase hat es gut funktioniert.“ – Wie sich die Arbeit der Polizeiinspektion St. Wendel mit der Corona-Pandemie änderte

Die Polizei hat im Allgemeinen die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten oder wiederherzustellen. Doch wie verändern sich hierbei die Aufgaben, wenn Sicherheit nicht mehr nur von anderen Menschen, sondern von einem neuartigen Virus gefährdet wird? 

Bei der Eindämmung der Corona-Pandemie hatte die Polizei vor Ort einen wichtigen Beitrag zu leisten. Wie sich die Arbeit hierbei gestaltete, was sich veränderte und wie genau eigentlich ein Überblick darüber geschaffen wurde, was gerade erlaubt ist, und was nicht, beantwortet der Leiter der Polizeiinspektion St. Wendel, Jörg Valeske, im Interview.

Seit März hatte die Polizei die Aufgabe, die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktbeschränkungen zu überprüfen, gab es viele Verstöße im Landkreis St. Wendel? Wie wurden diese sanktioniert?

Es ist richtig, dass mit Erlass der Rechtsverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und deren fortwährender Fortschreibung im Zuge der Entwicklung des Infektionsgeschehens der Vollzugspolizei – und somit auch die Polizeiinspektion St. Wendel – seit Ende März die Aufgabe zukam und noch zukommt, die Einhaltung der geltenden Regeln zum Infektionsschutz zu überwachen. Folglich trugen die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bisher dazu bei – und tun dies aktuell immer noch -, einer unkontrollierten Ausbreitung des Corona-Virus sowohl präventiv in Form von zum Beispiel Bestreifungen, als auch bei Feststellung von Verstößen gefahrenabwehrend und/oder repressiv auf Grundlage der geltenden Rechtslage zu begegnen. 

Alles in allem lässt sich aus der Zuständigkeit der Polizeiinspektion St. Wendel sowie in Ergänzung der Polizeiinspektion Nordsaarland (bezüglich der Gemeinden Nohfelden und Nonnweiler) feststellen, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landkreis St. Wendel sich überwiegend sehr diszipliniert verhalten und sich an die Beschränkungen gehalten haben beziehungsweise weiterhin halten. Die Verstöße reduzierten sich auf Einzelfälle, wie zum Beispiel das Verlassen der Wohnung ohne triftigen Grund oder die Überschreitung des erlaubten Personenkreises oder der Personenanzahl. Sogenannte „Coronapartys“ waren beispielsweise nicht zu verzeichnen. 

Verstöße gegen die Ge- und Verbote der Verordnung sind als Ordnungswidrigkeiten zu sanktionieren. Die Höhe des Bußgeldes ist hierbei abhängig von der Schwere des Verstoßes. So kann ein Verstoß gegen die Ausgangs- beziehungsweise Kontaktbeschränkungen mit einem Bußgeld von bis zu 200 Euro geahndet werden. Bedeutend höher ist das Bußgeld zum Beispiel bei einem nicht regelkonformen Betrieb einer Gaststätte. 

Leistet eine Person einer vollziehbaren Anordnung, das heißt einer erteilten Verfügung, keine Folge, liegt sogar ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt vor, welcher dann in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren mündet.



Wie haben die Menschen reagiert, wenn sie von der Polizei auf Verstöße aufmerksam gemacht wurden? 

Die Reaktionen waren alles in allem nicht konfliktträchtig. Die Menschen reagierten vergleichbar zu anderem Fehlverhalten, zum Beispiel im Straßenverkehr. Zumeist waren sie einsichtig, da ihnen gerade in der sogenannten „Lockdown-Phase“ die Bedeutung der Maßnahmen durchaus sehr bewusst war.

Während der Ausgangsbeschränkungen wurde gescherzt, dass Einbrecher jetzt „arbeitslos“ seien, konnte wirklich ein Rückgang der Einbrüche verzeichnet werden? 

Die bisherigen Auswertungen zeigen in der Tat, dass sich im Zeitraum der stringenten Ausgangsbeschränkungen im Deliktsfeld des Wohnungseinbruchs die Fallzahlen leicht rückläufig entwickelten. Ob und inwiefern dies einzig und unmittelbar darauf zurückzuführen ist, dass sich die Bürgerinnen und Bürger mehr in ihren Wohnungen beziehungsweise Häusern aufhielten, wäre aber zu kurz gegriffen, da sich derzeitige Einschätzungen einerseits nur auf vorläufige statistische Zahlen beziehen können und andererseits dasTäterverhalten auch durch andere Faktoren bedingt ist.  

Gab es sonstige Veränderungen bei den Polizeieinsätzen, wie zum Beispiel häusliche Gewalt, weniger Verkehrsunfälle, … ?

Gravierende Auswirkungen mit Blick auf einen Fallzahlenanstieg beispielsweise im Bereich der Häuslichen Gewalt beziehungsweise des Kindesmissbrauchs sind im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion St. Wendel bislang nicht zu registrieren. 

Dies ist jedoch nur von eingeschränkter Aussagekraft, da gerade in diesem Bereich ein großes sogenanntes Dunkelfeld anzunehmen ist, das heißt, dass bei weitem nicht alle Gewalttaten in der partnerschaftlichen Beziehung bei der Polizei angezeigt werden. 

In der Tat hat sich das Verkehrsunfallaufkommen etwas abgeschwächt, was wohl durchaus darauf zurückzuführen ist, dass die Menschen allgemein, sowie bedingt durch Homeoffice, ihr Zuhause weniger verlassen haben und somit auch weniger Fahrzeuge unterwegs waren. Diese Entwicklung war jedoch nur von vorübergehender Dauer. Bereits jetzt steigen die Unfallzahlen wieder deutlich an.

Fakt ist, dass allgemein festzustellen ist, dass Kriminelle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sehr skrupellos die Angst der Menschen ausnutzten, um mit Betrügereien und kriminellen Geschäftspraktiken schnell Geld zu verdienen. Diese Taten werden zunehmend unter Nutzung des Internet begangen. Die Betrugsmaschen reichen von angebotenen Medikamenten, die angeblich in der Lage sind, Covid-19-Infektionen zu heilen, über sogenannte Fake-Shops, die behaupten Schutzartikel wie Atemschutzmasken oder Desinfektionsmittel zu verkaufen, bis hin zu Phishing-Mails, mit denen sensible Daten, wie zum Beispiel Passwörter oder Kreditkarteninformationen, zum betrügerischen Gebrauch erlangt werden. 

Im Übrigen lässt sich die generelle Tendenz feststellen, dass gerade im Bereich der Vermögensdelikte die Fallzahlen deutlich ansteigen. Zu nennen ist hier im Besonderen der Enkeltrickbetrug, mit dem hochprofessionelle Banden Seniorinnen und Senioren mit dem Vorspiegeln falscher Tatsachen um ihr Ersparnisse betrügen. Betrüger geben sich als vermeintliche Angehörige aus, die sich mit dem Virus infiziert hätten und Geld für eine Behandlung benötigen. 

Bei Polizeieinsätzen ist Sicherheitsabstand und Kontaktbeschränkung schwierig, wie sind die einzelnen Polizistinnen und Polizisten geschützt?

Die Polizeibeamtinnen und –beamten gehen grundsätzlich bereits mit einem erhöhten Augenmerk auf ihre Eigensicherung und mit der entsprechenden Schutzausstattung in den Einsatz. Als zusätzliche Schutzausstattung kann bedarfsorientiert auf FFP3-Masken sowie durchgängig Mund-Nasen-Abdeckungen, Desinfektionsmittel sowie bei Anzeigenerstattungen oder Vernehmungen auf Plexiglaswände zurückgegriffen werden. Für den Einsatz sind die Polizeibeamtinnen und –beamten im Umgang mit (potentiell) infizierten Personen besonders sensibilisiert. 

Ständig ändern sich Vorgaben, einige sind auch missverständlich, wie sorgen Sie dafür, dass jeder einzelne Polizist und jede einzelne Polizistin weiß, wie er/sie wann zu handeln hat?


Das ist eine berechtigte Frage und war gerade zu Beginn der Pandemie eine echte Herausforderung. Die Informationen allgemein sowie ganz speziell zur Fortschreibung der Corona-Regularien sowie sonstigen dienstlichen Bestimmungen konnten aufgrund der auch im innerdienstlichen Betrieb/Miteinander einzuhaltenden Regelungen nicht wie normalerweise üblich unmittelbar kommuniziert oder in Besprechungen transportiert werden. 

Insofern hat das Landespolizeipräsidium die notwendigen Unterlagen unmittelbar über das interne Intranet bereitgestellt und tagesaktuell auf einer Sharepoint-Plattform fortgeschrieben. Parallel dazu wurden ergänzende Informationen über anlassbezogene sowie regelmäßige Telefonschaltkonferenzen mitgeteilt. In gleicher Art und Weise haben wir für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizeiinspektion St. Wendel intern agiert und ergänzend dazu sehr viel telefoniert beziehungsweise via E-Mail kommuniziert. Alles in allem hat dies auch nach einer gewissen Anlaufphase gut funktioniert.

Es kamen schon viele neue Aufgaben auf Sie zu, als nächstes sollen Sie die Zulässigkeit größerer Privatveranstaltungen prüfen, wie genau werden Sie das durchführen? 

Neben Kontrollmaßnahmen im öffentlichen Raum waren auch Verstöße in Wohnungen gegebenenfalls zu verfolgen. Bei solchen Verstößen gilt es sehr genau zu bewerten, welcher Sachverhalt vorliegt und angemessen, sowie rechtskonform zu handeln. Grundvoraussetzung dazu ist, dass eine Mitteilung, zum Beispiel aus der Nachbarschaft, im Rahmen der ersten Ermittlungen vor Ort verifiziert und gegebenenfalls erhärtet wird. Letztendlich ist das Betreten einer Wohnung ohne Einwilligung mitunter an das Verüben einer Straftat geknüpft und grundsätzlich unter Richtervorbehalt gestellt. Grundsätzlich sind mittlerweile die Regelungen diesbezüglich ja auch etwas gelockert, sodass Verstöße meines Erachtens eher weniger eintreten werden. 

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