„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34).

Innere Freiheit durch die Macht der Vergebung

(Foto: Karin Schüßler)

Jeder von uns wünscht sich Unbeschwertheit, jeden Morgen aufs Neue beschwingt dem Tag ein fröhliches „Hallo“ zuzurufen voller Erwartungen, welche Erlebnisse und Begegnungen er wohl mit sich bringen wird. Doch wir alle wissen, dass das Leben auch anders „gestrickt“ ist, dass Wünsche und Erwartungen sich nicht erfüllen, der Kollege die erhoffte Gehaltserhöhung oder Beförderung erhält, Freunde Geheimnisse ausplaudern, unser Geldbeutel im Bus aus der Tasche gestohlen wird oder aber ein Messerangreifer aus Frust über sein Leben Passanten in einer Einkaufsstraße schwer verletzt oder gar tötet.  

Es gibt wohl niemanden unter uns, der noch nie seelisch oder körperlich verletzt wurde. Im Laufe der Jahre stapeln sich Verletzungen auf Verletzungen, die allesamt reaktiviert und wieder lebendig werden, wenn wir ständig darüber nachdenken und uns Erinnerungen hingeben an Situationen, die noch immer als schmerzhaft empfunden werden. Auch eine belastete Kindheit, sei es durch schwierige Familienverhältnisse oder Mobbing in der Schule, prägt für ein Leben lang. Es gibt viele Ursachen für Leid.

Ist es möglich, dem Mörder des eigenen Kindes zu verzeihen?

Es ist bereits viele Jahre her, als im Fernsehen eine Dokumentation über die Amerikanerin Linda Biehl ausgestrahlt wurde, deren 26-jährige Tochter Amy von einer Gruppe junger Männer in Kapstadt ermordet worden war. Die junge Politologie-Studentin steuerte ein Auto mit drei dunkelhäutigen Kommilitoninnen, als das Fahrzeug plötzlich mit Steinen beworfen wurde. Als Amy fliehen wollte, wurde sie verfolgt, gesteinigt und anschließend erstochen. Ihre weiße Hautfarbe war ihr Todesurteil. Das Fatale an der Situation: Amy war nach Südafrika gekommen, um sich nach Nelson Mandelas Befreiung für Demokratie und gegen Apartheid einzusetzen und demokratische Wahlen mitvorzubereiten. Amy starb am Tatort einen Tag vor Abflug in ihre Heimat Kalifornien.

Das Internet macht es möglich, Details dieser außergewöhnlichen Geschichte wieder ausfindig zu machen. Die Ermordung der jungen Studentin geschah bereits am 23.08.1993 in den Townships von Kapstadt. Die jungen Mörder wurden zu einer Gefängnisstrafe von 18 Jahren verurteilt, nach 4,5 Jahren amnestiert und freigelassen. An den Amnestie-Anhörungen nahmen die Eltern der jungen Studentin Amy teil und setzten sich – für alle überraschend – für die verfrühte Aufhebung der Gefängnisstrafe der Täter ein. 

Nach der Ermordung ihrer Tochter hatten die Eltern eine Stiftung zur Förderung der Bildung und Integration von Kindern und arbeitslosen Jugendlichen in Südafrika gegründet. Sie wählten bewusst den Weg der Versöhnung mit dem Land, das ihnen ihre Tochter geraubt hatte. Doch nicht nur das. Das Ehepaar Biehl nahm zwei junge Männer der Tätergruppe nach deren Haftentlassung als Mitarbeiter in der gegründeten Stiftung auf und schenkte ihnen neue Perspektiven. Wenn Linda Biehl in den folgenden Jahren Südafrika für Monate besuchte, um die Stiftung zu leiten, war sie täglich mit den Mördern ihrer Tochter zusammen. „Für mich sind sie keine Killer. Ihre Tat war nicht vorsätzlich geplant. Ich sehe sie als Teil der aufgepeitschten Menge, die damals auf der Straße war.“ Sie lächelt, als sie sich umdreht: „Für mich sind sie Kinder.“ „Das Außergewöhnliche ist, dass sie den Killern ihrer Tochter nicht nur vergeben haben, sondern sie auch rehabilitieren“, sagte Nobelpreisträger Bischof Desmond Tutu. (Quelle: Kapstadt: Die Mutter und die Mörder ihrer Tochter | chrismon

Diese immense Kraft zur Vergebung der Eltern der ermordeten Amy Biehl ist kein Einzelfall. Es gibt zahllose Beispiele von Menschen, die imstande sind, traumatische Erfahrungen und schlimmste Verletzungen durch Dritte zu verzeihen.

Vergebung zur Heilung von Schmerz

Es sind unsere Gedanken an den Schmerz und dessen Verursacher, die das Geschehene immer wieder lebendig werden lassen. Und hierbei wird nicht nur seelisches Leid wieder wach, auch körperliche Reaktionen treten auf, wie wenn die verletzende Situation gerade erst geschehen ist. Einer einzigen seelischen Verletzung können Monate, ja Jahre des Festhaltens an einem Schmerz bedeuten. Wem schaden wir damit mehr? Dem Verursacher oder uns selbst? Wenn uns dieser Aspekt bewusst wird, erkennen wir die Macht, die ein Mensch und/oder eine Situation über uns über eine geraume Zeit haben und dadurch unsere Lebensfreude und Lebensqualität negativ beeinflussen. Wollen wir dies wirklich? Irgendwann gilt es, die Ketten zu sprengen, um wieder frei und unbelastet das Leben genießen zu können.

Vergebung ist kein Gefühl – Vergebung ist eine Entscheidung!

Raus aus der „Gefühlssuppe“, rein in eine mündige Handlungsweise. Wenn wir vergeben, befreien wir nicht nur uns, sondern lassen auch einen Menschen in Frieden gehen. Dieser Vorgang ähnelt einer bewusst herbeigeführten Amnesie – einfach vergessen, den Reset Knopf drücken und neu starten. Warum Vergebung so wichtig ist? Hierzu eine überlieferte Aussage Buddhas: „An Zorn festhalten ist wie Gift trinken und erwarten, dass der Andere dadurch stirbt“. Das tut er aber nicht, wir sind diejenigen, die sich selbst vergiften und dies über eine lange Zeit hinweg, wobei dem Verursacher unseres Leids möglicherweise überhaupt nicht die Folgen seines Tuns bewusst sind.

Hand auf’s Herz – auch wir haben schon Menschen verletzt!

„Wer ohne Fehler ist, werfe den ersten Stein.“ Nur angesichts der eigenen Fehler, die jeder von uns – oft auch unbewusst – macht, können wir auch die Fehler Anderer relativieren. Und in diesen Fällen ist der Akt der Vergebung uns selbst gegenüber genauso wichtig wie die Vergebung der Schuld anderer, um wieder frei zu werden. In der Lutherbibel 2017 heißt es: 

„Denn wie ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.“ (Jes 33,1Mk 4,24)  

Wir kennen die Situationen der Verursacher unseres Leids nicht, in denen uns Unrecht widerfahren ist. Derjenige, der uns die Vorfahrt nimmt, ist vielleicht auf dem Weg zum Sterbebett seines Vaters, diejenige, die über uns tratscht, ist vielleicht von Neid erfüllt und schadet sich damit selbst am meisten und diejenige, die uns den Geldbeutel aus der Tasche stiehlt, braucht vielleicht dringend Geld für einen Joint, weil ihr Stiefvater sie als Kind von den Drogen abhängig gemacht und missbraucht hatte (Fall so bekannt!). Wer trägt hier die Schuld?

Eine Osterbotschaft – Jesus ist der Erlöser

Für Viele ist er nicht existent, für Andere irgendwo im Äther und für Gläubige DIE Richtschnur. Jesus Christus!

Er ist unser großes Vorbild in Sachen Liebe und Vergebung. Jesus wurde von seinen Aposteln verraten und verleugnet. Und es war Petrus, sein engster Gefährte, der Jesus dreimal verleugnet hatte und den er dennoch zur Säule seiner Kirche machte:

„Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ (Mt 16,18; EU) Matthäus 16,18 | Einheitsübersetzung 2016

Und für seine Peiniger und die Römer, die ihn zum Tode am Kreuz verurteilten, betete er: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34). 

Wie können wir die Botschaft verstehen, dass Jesus die Sünden der Menschen auf sich genommen hat, um uns den Weg zum ewigen Leben zu schenken? Die Menschen sündigen doch nach wie vor!?

Jesus löste das Racheprinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ bzw.  „Wie Du mir, so ich Dir!“ ab. Er durchbrach das Karma Gesetz, das Gesetz von Ursache und Wirkung. Die buddhistische und die hinduistische Karma Lehre besagen, dass jede Handlung (ob gut oder ob schlecht) Folgen nach sich zieht, die bis in weitere Leben nach der Reinkarnationslehre reichen. Wir alle aber sind fehlerhaft und werden täglich mit unseren eigenen und fremden fehlerhaften Verhaltensweisen konfrontiert. Wir brauchen eine Kraft, die uns hilft, falsches und sündhaftes Verhalten zu erkennen und es wieder hinter uns zu lassen, um täglich neu starten zu können. Jesus ist nicht nur ein Glaube, Jesus ist eine Erfahrung, die jeder erleben kann, der in seiner Not ganz einfach bittet: „Jesus, wenn es dich wirklich gibt, dann hilf mir.“ Wer diese Kraft erlebt hat, wie plötzlich Leichtigkeit Einzug hält in das seelische Befinden, wird an ihm festhalten. Jesus ist DIE Erfahrung, die uns nachts wieder ruhig schlafen lässt und Lebensfreude in den Alltag bringt.

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