Am Samstag gewann der FC Liverpool durch einen 2:0-Erfolg gegen Tottenham Hotspur zum sechsten Mal die UEFA Champions League – den weltweit bedeutendsten Wettbewerb im Vereinsfußball. Der Sieg der Engländer erfreute auch viele deutsche Fußballfans, denn der Vater des Erfolgs ist der deutsche Trainer Jürgen Klopp. Doch was die meisten hierzulande wohl nicht wissen: Neben dem Trainer hat auch der Torwart der „Reds“ einen Bezug zu Deutschland. Denn die Vorfahren des brasilianischen Nationaltorhüters Alisson Becker stammen aus dem Schaumberger Land und sein Vater spricht heute noch Deutsch.
Im vergangen Jahr war der FC Liverpool im Finale der Champions League noch unter unglücklichen Umständen an Real Madrid gescheitert. In diesem Jahr führte Jürgen Klopp seine Mannschaft nach Siegen gegen Bayern München und den FC Barcelona erneut ins Finale und im Endspiel gegen den Premier League-Konkurrenten Tottenham Hotspur nun auch zum großen Triumph: Nach 14 Jahren wandert der „Henkelpott“ wieder nach Liverpool.
Alisson Beckers Vorfahren stammen aus Primstal
Entscheidenden Anteil am Champions League-Sieg hat auch der neue Liverpool-Torwart, der im vergangenen Sommer für über 70 Millionen Euro von AS Rom an die Anfield Road wechselte und so zum teuersten Torwart der Welt wurde. Der meist nur „Alisson“ genannte Brasilianer gilt als eines der „Puzzleteile“, das Jürgen Klopp im Vorjahr noch gefehlt hatte. Der Keeper heißt mit vollem Namen Alisson Ramsés Becker und hat deutsche Vorfahren. Seine Vorfahren stammen aus dem Schaumberger Land. Sie lebten über Jahrhunderte in dem Ort Mettnich, der seit 1930 zu Primstal gehört.
Ururur-Großeltern wanderten 1828 nach Brasilien (Rio Grande do Sul) aus
Seine Ururur-Großeltern Nikolaus Becker (1798-1860) und Angela Becker geb. Krämer (1806-1874) kamen noch in Mettnich zur Welt und wanderten 1828 nach Brasilien aus. Ab den 1820er-Jahren waren viele Deutsche gezielt zur Besiedlung der Grenzregion im Süden des Landes angeworben worden. Nach der Überquerung des Atlantiks mit dem Segelboot trafen sie am 17. Dezember 1828 in Rio de Janeiro ein. Von dort aus reisten sie weiter in den Bundesstaat Rio Grande do Sul, der sich im Süden Brasiliens befindet und Zentrum der deutschen Einwanderung war. 1829 heirateten Alisson Beckers Ururur-Großeltern in der erst fünf Jahre zuvor gegründeten deutschen Kolonie São Leopoldo (Colonia Alemã de São Leopoldo). Sie bekamen zehn Kinder.
Nikolaus Becker gilt als Gründer der Lederindustrie in Novo Hamburgo
Nur wenige Kilometer nördlich von São Leopoldo (heute 230.000 Einwohner) entwickelte sich eine weitere Siedlung mit dem Namen „Hamburger Berg“, die heute Kern der Stadt Novo Hamburgo (Neu-Hamburg) ist. Die meisten Siedler stammten – wie auch Alissons Vorfahren – aus dem nördlichen Saarland und dem Hunsrück. Alissons Ururur-Großvater Nikolaus Becker gründete hier die erste Gerberei und Sattlerei in der Region und gilt daher auch als Gründer der Lederindustrie in Novo Hamburgo. Die Stadt wurde zu einem Zentrum der Leder- und Schuhindustrie. Die 250.000-Einwohnerstadt bezeichnet sich heute als „Hauptstadt des Schuhs“. Alisson Beckers Vater, der 56-jährige José Agostinho Becker, arbeitet bis heute in der Schuhindustrie. An den Pionier Nikolaus Becker erinnert in Novo Hamburgo heute noch eine der Hauptstraßen der Stadt: Die „Avenida Nicolau Becker“.
Vater und Oma sprechen heute noch Deutsch
Alisson Becker wurde 1992 in Novo Hamburgo geboren. Sein Vater und seine 94-jährige Oma sprechen heute noch Deutsch. „In meiner Region erinnert vieles an Deutschland: Die Architektur, die Kultur, die Feiern – auch wir haben ein Riesen-Oktoberfest“, sagt Alisson. Vom SC International in Porto Alegre wechselte er 2016 in die Ewige Stadt zu AS Rom, wo er – obwohl er selber kein Deutsch spricht – dennoch „der Deutsche“ genannt wurde.
Familie und Glaube sind ihm wichtig
Alisson Becker ist bekennender Katholik. Er ist mit einer Ärztin verheiratet und hat eine kleine Tochter. Felipe Kuhn Braun, Mitglied im Stadtrat von Novo Hamburgo, der eine Tante und einen Onkel des Keepers persönlich kennt, beschreibt Alisson gegenüber wndn.de als Familienmenschen: „Er hält einen engen Kontakt zu den Tanten, Onkeln und weiteren Verwandten in Novo Hamburgo.“ Eines der Vorbilder des Fußballprofis ist ein Tennisspieler, allerdings kein Becker, sondern der ehemalige French Open-Sieger Gustavo „Guga“ Kuerten – auch ein Brasilianer mit deutschen Wurzeln. Kuertens Autobiographie zählt neben der Bibel sogar zu Alissons Lieblingsbüchern. Alisson bewundert den ehemaligen Tennis-Weltstar für sein soziales Engagement und dafür, dass dieser sich um seinen jüngeren, behinderten Bruder kümmerte.