Seit einigen Monaten sieht man sie überall: in Supermärkten, auf Social-Media-Kanälen oder sogar in Cafés. Hanfprodukte scheinen aktuell den deutschen Markt in sämtlichen Variationen zu überfluten. Das bekannte Bild des Hanfblatts, das vor einigen Jahren noch als Verherrlichung von Drogen galt, ziert jetzt eine Vielzahl an frei verkäuflichen Produkten wie Lebensmitteln und Kosmetika. Und die Werbung scheint zu funktionieren, denn der Markt für Hanfprodukte in Deutschland wächst unaufhaltsam.
Doch der saarländische Gesundheitssekretär und Landesdrogenbeauftragte Stephan Kolling betrachtet die Werbung für diese Produkte kritisch und warnt vor der trügerischen Erscheinung vieler angeblich harmloser Artikel. Denn, obwohl sorgfältig geprüfte Hanfprodukte, wie Kosmetika, Tees oder das mittlerweile große Angebot an CBD-Ölen, in der Regeln harmlos sind und sogar gegen gesundheitliche Beschwerden eingesetzt werden können, gibt es auch einige schwarze Schafe unter ihnen. Denn einige dieser Produkte weisen immer noch einen minimalen THC-Gehalt auf.
Laut Kolling könne dies zu unerwünschten und unerwarteten Nebenwirkungen führen und sich im schlimmsten Fall negativ auf das Herz-Kreislauf-System und das zentrale Nervensystem auswirken. Dies könne zu Erscheinungen wie plötzliche Müdigkeit, Schwindel und Stimmungsschwankungen führen oder Wirkung bestimmter Medikamente manipulieren.
Da vor allem die CBD-Produkte jedoch als homöopathische Mittel in sehr kleinen Mengen eingesetzt werden, ist die Wahrscheinlichkeit solch drastischer Nebenwirkungen äußerst gering. Dennoch sollte bei dem Kauf vor allem auf das Prüfsiegel, die Qualität und Inhaltsstoffe der Hanfprodukte geachtet werden.
Das Hauptproblem dieser Produkte liege nach Aussagen Stephan Kollings jedoch vor allem in der Werbung. Demnach würden viele Marken mit ihrem Namen und ihrer Darstellung gezielt auf Mehrdeutigkeiten und Fehleinschätzungen abzielen. Diese spielten seiner Ansicht nach bewusst auf den Konsum von Cannabis als berauschende Droge an und würden diesen als einen coolen Lifestyle darstellen. Damit könne die Werbung vor allem Jugendlichen und jungen Menschen den Drogenkonsum schmackhaft machen und diesen als ungefährlich darstellen.
Vor allem durch die hohe und einfache Verfügbarkeit dieser Produkte würde den Jugendlichen nach Angaben des Gesundheitssekretärs vermittelt werden, dass Hanf in jeglicher Form vollkommen unbedenklich ist, da es Hanfprodukte in jedem normalen Laden zu kaufen gibt. Demnach könne der berauschende Konsum von THC von Jugendlichen als vollkommen legal und ungefährlich angesehen werden. Dieser könne sich jedoch stark auf die psychische und körperliche Gesundheit junger Menschen auswirken und sollte daher nicht verharmlost werden.
Kritiker wie Professor Sven Gottschling aus dem Universitätsklinikum des Saarlandes sehen in der Vermarktung von legalen Hanfprodukten keine Gefahr, denn um eine berauschende Wirkung könne mit diesen Produkten nur in außergewöhnlich hohen Dosierungen erreicht werden. Ein so großer Konsum sei jedoch nahezu unmöglich. Gottschling sieht das Problem vielmehr bei unseriösen Online-Händlern, die angeblich hochwertige Produkte verkaufen, die nicht pharmazeutisch überprüft wurden.
Auch die Frage nach der Verharmlosung des Drogenkonsums bei Jugendlichen, die mittels Anwerbung von Hanfprodukten hervorgerufen werden soll, sieht der Kinderarzt kritisch. Seiner Meinung nach könne die Werbung nicht zwangsläufig mit Cannabis als Droge in Verbindung gebracht werden, da dieses eher missbräuchlich durch einen Joint inhaliert würde. Die frei verkäuflichen Hanfprodukte unterscheiden sich in ihrer Form und Verwendung jedoch deutlich von dem Konsum der Pflanze als Rauschmittel.