Der Landkreis St. Wendel ist ein grüner Kreis. Was für die Landschaft gilt, trifft jedoch nur bedingt auf die politische Landkarte zu. Gerade einmal 3,3 Prozent stimmten bei der Kreistagswahl 2014 für die Grünen. Aber es reichte für einen Sitz im Kommunalparlament. Seit 2009 arbeitet dort Lars Schlaup, Kreisvorsitzender der Grünen im St. Wendeler Land, ehrenamtlich mit und konnte seinen Platz dort bei der Wahl 2014 in einer Zitterpartie verteidigen. Sein Herzensthema war die Schaffung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald und die Beteiligung des Saarlandes an diesem Projekt.
wndn.de: Herr Schlaup, fühlt man sich als einziger Vertreter seiner Partei im Kreistag nicht ab und zu einsam?
Lars Schlaup: Was heißt einsam. Klar ist es schwer, wenn man alles alleine bearbeiten muss. Man kann nicht alle Themen besetzen und man kann auch als Einzelner jedes Thema so gut kennen, wie in einer Fraktion mit vielen Mithelfern. Nichts desto trotz finde ich eine Besonderheit im Kreistag St. Wendel, dass wirklich alle Parteien daran interessiert sind, gute Arbeit zu leisten und trotz aller Parteiunterschiede liegen die Denkrichtungen aller KT-Mitglieder auf ähnlichem Niveau und auf ähnliche Ziele orientiert.
wndn.de: Bei der Wahl 2014 sind Sie knapp erneut in den Kreistag eingezogen. Erzählen Sie uns, wie es dazu kam.
Lars Schlaup: Durch die zusätzliche Teilnahme der Piraten und der AfD wurden die Stimmen neu verteilt. Ich glaube zwar nicht, dass die AfD den Grünen viele Stimmen weggenommen hat, wohl könnte ich mir aber vorstellen, dass die Piraten einen nicht unbedeutenden Teil der Grünenstimmen erhalten haben. Sie sind, oder besser waren, in ihren Zielen und Programmpunkten stark an unseren Programmen orientiert und sind eine junge und waren damals eine Partei, die den Zeitgeist getroffen hat. Das könnte vor allem jüngere Wähler motiviert haben, die Piraten statt uns zu wählen.
Das es dann letztlich doch gereicht hat, war einer glücklichen Fügung zu verdanken. Dachte ich sonntags noch, mir würden ca. 250 Stimmen fehlen und hatte das Thema somit abgehakt, war ich umso überraschter, dass durch die Nachwertung von drei Stimmen mein Einzug plötzlich verkündet wurde (Die Nachricht hat mich im Schwimmbad überrascht, als ich den Wahlfrust mit meiner Familie am Bostalsee vergessen wollte). Danach hat die SPD – anfangs verständlicherweise – die Auswertung nachprüfen lassen, auch wenn es mich damals wunderte, dass ein Mitglied des Kreiswahlausschusses erst die Stimmen als gültig und einige Tage später dann als ungültig deklarierte. Nach Widerspruch, Kommunalaufsicht und Klage hat dann das Verwaltungsgericht entschieden, dass alles richtig gelaufen sei und ich meinen Sitz behalten darf.
wndn.de: Sie haben sich im Kreistag in der Vergangenheit für den Nationalpark Hunsrück-Hochwald stark gemacht. Sogar Landrat Udo Recktenwald (CDU) lobte ihr Engagement hierfür. Sind sie mit der Umsetzung bisher zufrieden?
Lars Schlaup: Noch nicht so ganz. In Rheinland-Pfalz wird der Park gut angenommen. Im saarländischen Teil fehlt mir noch die Initiative der betroffenen Gemeinden. Im nächsten Jahr wird die Geburtstagsfeier zum 2. Geburtstag voraussichtlich in der Gemeinde Nohfelden stattfinden. Ich hoffe, dass dies zu ähnlichem Interessenanstieg führt wie in Schwollen an Fronleichnam, wo der Freundeskreis Nationalpark mit der Gemeinde und den Vereinen fast 5.000 Besucher anlockte. Selbst wenn wir nur 1.000 im Saarland schaffen, ist das ein tolles Zeichen. Ich würde mir wünschen, dass außer den bisherigen Mitspielern noch weitere, regionale mit ins Boot kommen. So haben wir gerade im benachbarten Krottelbach mit der Kaffeemanufaktur „Reismühle“ und dem EDEKA-Markt in Hoppstätten tolle Partner für ein weiteres Projekt gewonnen. Auch saarländische Firmen und Unternehmer können vom Nationalpark profitieren und ein Zeichen für die Umwelt setzen.
wndn.de: Was haben Sie sonst noch im Kreistag bewegen können?
Lars Schlaup: Da gibt es einige – wenn auch keine riesigen – Erfolge: Im neuen Freibad wurde dank der Grünen ein barrierefreier Einstieg und ausreichend barrierefreie Kabinen verwirklicht, Das Oberstufengymnasium an den Berufsbildungszentrum wurde mit unserer Unterstützung eingerichtet, ohne uns Grüne gäbe es keine Akademie für Erzieherinnen in St. Wendel, was für das Berufsbild eine deutliche Verbesserung gebracht hat. Bei energetischen Sanierungen und ökologischen Verbesserungen in kreiseigenen Gebäuden haben wir immer unseren Stempel mitaufgedrückt, auch, wenn man sagen muss, dass alle im Kreistag vertreten Parteien mittlerweile sehr ökologisch denken.
wndn.de: Aus den Reihen der SPD und der Linken hört man ab und an unter vorgehaltener Hand, dass sie zu nah an der CDU sind und oftmals mit den Christdemokraten im Kreistag stimmen. Was sagen sie dazu?
Lars Schlaup: So, hört man das ;-)? Es mag vielleicht daran liegen, dass beide großen Parteien eigentlich meistens ähnliche Ideen einbringen, die sich nur im Detail unterscheiden. Oft sieht es fast so aus, als wolle die SPD mit Änderungsvorschlägen und Einwänden lediglich pressewirksam tätig sein. Warum soll ich also einen Antrag der CDU ablehnen, wenn der Änderungswunsch der SPD oft nur mehr oder weniger redaktioneller Art ist? Ich muss nicht für Vertagungen oder Änderungen sein, die nicht wirklich von Vorteil sind…
wndn.de: Ist es schwer, sich im St. Wendeler Land mit grünen Themen zu positionieren?
Lars Schlaup: JEIN, das Verständnis der Bürger und Parteien ist da, einzig die Umsetzung scheitert manchmal an eingefahren Strukturen und dem Wunsch, alles beim Alten zu lassen. Nahverkehr und Radverkehr sind z.B. Punkte, die im Kreis noch sehr im Argen liegen. Hierfür muss man die Schuld allerdings hauptsächlich beim Land suchen, da die lokale Infrastruktur mit lokalen Mitteln nicht gestemmt werden kann.
wndn.de: Erzählen Sie was zu Ihrer Partei auf Kreisebene. Wie viele Mitglieder und Ortsverbände gibt es? In welchen Kommunalparlamenten sind sie noch vertreten? Gibt es eine Jugendorganisation?
Lars Schlaup: Ich habe 2003 den Kreisverband neu aufgebaut; zum damaligen Zeitpunkt gab es im ganzen LK WND außer mir nur einen einzigen Grünen. Mit Hilfe der Verbindungen zum Landesverband ist es relativ schnell gelungen, einen kleinen Verband von damals 12 Mitstreitern aufzubauen. Mittlerweile haben wir Ortsverbändein Tholey, Marpingen, Nonnweiler, Nohfelden und St. Wendel. In Marpingen und Tholey sind wir im Gemeinderat vertreten, in St. Wendel im Stadtrat. Mit insgesamt ca. 50 Mitgliedern sind wir trotzdem eine sehr kleine Gruppe. Eine Jugendorganisation auf Kreisebene gibt es daher nicht.
wndn.de: Wird es aus Ihrer Sicht heute immer schwieriger, Menschen für ein kommunalpolitisches. Engagement zu bewegen?
Lars Schlaup: Ja, vor allem für kleinere Parteien wie uns. Es ist quasi ein Teufelskreis… um neue Mitglieder zu gewinnen, ist man auf die Hilfe der bestehenden Mitglieder angewiesen. Werbewirksame Aktionen brauchen Helfer. Hat man diese, bekommt man leichter Parteinachwuchs.
Auch sind in der heutigen Zeit viele Menschen – jung wie alt – nicht mehr bereit, politisches Engagement zu zeigen. Die Politikverdrossenheit tut ihr Übriges dazu. Man hat nicht mehr die politischen Vorbilder wie früher.
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Celine Bier.
Zur Person – Lars Schlaup:
Lars Schlaup ist 46 Jahre alt und wohnt in Theley. Der verheiratete Familienvater arbeitet als Organisationsleiter bei der DEBEKA-Versicherung. Seit 13 Jahren ist er Vorsitzender der Grünen im St. Wendeler Land. Neben seiner politischen Tätigkeit ist er in der Elternvertretung der Gemeinschaftsschule Schaumberg-Theley, im Förderverein der Grundschule, als Schiedsmann und im Freundeskreis Nationalpark aktiv. Zu seinen Hobbys zählt er Kochen, Radfahren und mit der Familie Geocachen.